Tom Vogt ist eine der bekanntesten Stimmen der deutschen Synchronbranche. Er spricht zahlreiche Hollywood-Größen und ist auch als Off-Stimme für Kino- und Fernsehdokumentationen häufig zu hören.
Tom Vogt ist gebürtiger Westfale, den deftigen Akzent der Region hat er natürlich als Synchronstimme und Off-Sprecher abgelegt. Bevor er als Stimme von Laurence Fishburne in der Rolle des Morpheus dem Auserwählten Neo im Film "Matrix" (1999) den Weg aus dem Kaninchenbau zeigte, studierte er zuerst Film—und Fotodesign an der Folkwangschule in Essen. Anschließend sattelte er auf die Schauspielerei um. Das reine Theaterschauspiel war aber weniger seine Sache, hingegen entdeckte er darüber jedoch seine Passion für die schauspielerische Arbeit mit der Stimme.
Ich habe meinen Platz gefunden
Als feste deutsche Stimme synchronisiert er mehr als eine Handvoll bekannter Hollywoodschauspieler: Laurence Fishburne, Clive Owen, Colin Firth, Aaron Eckhart, Mark Strong, Rupert Everett und Chris Noth (Mr. Big in "Sex and the City"). Zudem synchronisierte er Hugh Jackman als Wolverine im ersten "X-Men"-Film von 2000 und sogar Jonathan Frakes als 1. Offizier William T. Riker in "Star Trek - Der erste Kontakt" (1996) und drei weiteren "Star Trek"-Kinofilmen um die Jahrtausendwende. Nachdem wir Tom Vogt 2017 erstmals uns eine Interview gab haben wir ihn 2021 erneut zu uns eingeladen, um ihn diesmal alles über seine goßen Synchronrollen zu erfahren. Unser älteres Interview haben wir natürlich nicht vom netz genommen, ihr findet es unten.
Hier die Kurzversion des exklusiven Media-Paten-Interviews (2021) mit Synchronsprecher Tom Vogt (die lange Version findet ihr ganz unten):
"Die rote oder die blaue Pille?" Diese Frage stellt der von Laurence Fishburne gespielte Morpheus dem zwischen zwei Welten wandelnden Neo (Keanu Reeves): Wie würden wir uns entscheiden? Für die düstere, reale Welt oder die sonnige, aber leider nur vorgegaukelte Welt?
Hören wir hier die ikonischste Szene aus Matrix (1999): Morpheus bietet dem Auserwählten Hacker Neo (Keanu Reeves) die Wahrheit (rote Pille) oder den Kaninchenbau (blaue Pille) an:
Und hier hören wir die selbe Szene im Original: Hat Tom Vogt die Stimme von Laurence Fishburne als Morpheus gut getroffen?
Tom Vogt würde sich persönlich immer für die rote Pille entscheiden. Er denkt gern selbstständig. So leiht er seine Stimme mit Leidenschaft dem Schauspieler Laurence Fishburne – und dort ist er natürlich immer an ein (meist sehr gutes) Skript gebunden. Seit Fishburnes Rolle als Morpheus im bahnbrechenden ersten "Matrix"-Film (1999) ist Vogt die deutsche Feststimme des US-amerikanischen Darstellers. Laurence Fishburne begann seine Karriere bereits im jungen Alter von 14 Jahren, indem er sich beim Casting für die Rolle des Gefreiten Tyrone 'Clean' Miller in Francis Ford Coppolas großartigem Antikriegs-Epos „Apocalypse Now“ (1979) älter ausgab. Eigentlich durfte er in diesem Alter noch gar nicht für so lange Drehzeiten vor die Kamera, doch aufgrund seines reifen Aussehens stellte niemand seine Angaben in Frage.
Laurence Fishburn - Großer Kerl, breiter Hals, tiefe Stimme, lange Pausen, sehr ruhiges Sprechen.
Dass sich der minderjährige Schauspieler einmal zu einem der profiliertesten Schauspieler Hollywoods mausern würde, hätte damals vielleicht einige bezweifelt. Doch Fishburne ließ und lässt sich ganz offensichtlich nie aus der Ruhe bringen. Mit seinem Sprachduktus steht er ganz in der Tradition der englischen Schauspielkunst. D. h. er beherrscht es perfekt, seinen Texten durch gezielte Pausensetzung, die benötigte Kraft zu verleihen. Deutschsprachige Schauspieler hingegen setzen eher weniger Pausen und versuchen dem Text durch Betonung von einzelnen Wörtern und Silben, Nachdruck zu verleihen.
Das erklärte uns Tom Vogt bereits im ersten Interview 2017:
Der britische Darsteller Colin Firth gehört zu den am häufigsten synchronisierten Feststimmen von Tom Vogt. Firths eindrucksvollste Rolle war sicherlich die des britischen Königs George VI. im Film „The King’s Speech“ (2015). Hier kam es darauf an, das Stottern des Adelsmannes authentisch in die deutsche Synchro zu übertragen. Das Stottern des K-Lautes von „König“ – dann ein laut hörbarer Atmer – anschließend drei Worte flüssig gesprochen – schlucken – und dann wieder zwei Anläufe für das V von „Vater“. Gar nicht so einfach zu imitieren. Und all das auch noch Lippensynchron.
Hier ist der „King’s Speech“- Trailer im englischen Original (ab Minute 0:16)
"The King's Speech" erhielt 2011 ganze vier Oscars, darunter einen natürlich für Colin Firths herausragende schauspielerische Leistung in dieser historischen Rolle. Auch mit einem Golden Globe sowie bei den British Independent Film Awards, dem Europäischen Filmpreis, den British Academy Film Awards, den Satellit Awards und den Screen Actors Film Awards wurde Colin Firth ausgezeichnet. Und mit Tom Vogt hat ein extrem erfahrener sowie anspruchsvoller Synchronschauspieler diese herausfordernde Synchronrolle auf meisterhafte Weise für das hiesige Publikum ins Deutsche übertragen.
Und hier hören wir Tom Vogt als Colin Firth in „King’s Speech“ ab Minute 0:16
Auch der Brite Colin Firth macht, wie sein amerikanischer Kollege Laurence Fishburne, Pausen vor wichtigen Passagen. Im Gegensatz zu Fishburne bellt Firth allerdings gern die dann folgenden, wichtigen Passagen eines Satzes doppelt so laut heraus. Sich auf die Individualität eines Schauspielers einzustellen, ist die große Herausforderung im Synchron und das, was Tom Vogt so liebt an seinem Beruf.
In der tragenden Nebenrolle eines Vaters wird Colin Firth Ende 2021 in dem Film "Mothering Sunday" zu sehen sein, der "The Crown"-Fans mit einer wohlig vertrauten Besetzung beglücken könnte. Wir freuen uns auf die erstklassige Synchronisation von Tom Vogt in Colin Firths Rolle des Mr. Niven.
Im Moment muss uns jedoch der englische Trailer genügen:
Seit „Hautnah“ (2004) ist Tom Vogt als Feststimme von Clive Owen gesetzt. Im Liebesdrama um eine komplizierte Viererbeziehung zeigte er seine sanfte Seite als Schauspieler. In seinen folgenden Engagements musste er dann allerdings beweisen, dass er auch in Actionfilmen und Thrillern überzeugen kann. Und siehe da: Ob in „Sin City“ (2005), dem Sci-Fi-Epos „Children of Men“ (2006), dem ironischen Action-Kracher „Shoot’em Up“ (2008) oder „The International“ (2009) – Clive Owen kann auch als kerniger Actionheld begeistern. Und es sind gerade diese härteren Charakter, die durch Owens Fähigkeit, auch sanfte Seiten überzeugend zu zeigen, an Tiefgründigkeit gewinnen. Clive Owen ist also ein starker Schauspieler, an dem sich Tom Vogt als sein Synchronsprecher nach Herzenslust abarbeiten kann.
Trailer englisch „Children of Men“ – Tom Vogt als Stimme von Clive Owen
Trailer deutsch „Children of Men“ – Tom Vogt als Stimme von Clive Owen
Zwischen 2014 und 2015 machte Clive Owen dann als Chirurg in der vielseitigen Hauptrolle eines Krankenhausleiters Furore. Die von Steven Soderbergh gedrehte Serie „The Knick“ handelt vom schmerzhaften Alltag im New Yorker Knickerbocker Krankenhauses um das Jahr 1900. Damals mussten nicht nur Operationen oftmals ohne zuverlässige Narkosemittel ausgeführt werden. Es ging auch sonst weitaus unsteriler vor sich, als wir es heutzutage, also rund 120 Jahre später gewohnt sind. Neben einer Nominierung bei den Golden Globes wurde Clive Owen 2015 für seine Hauptrolle des kokainabhängigen Chefchirurgs Dr. John Thackery bei den Satellite Awards ausgezeichnet.
Hier der englische Trailer für „The Knick“ – mit der Originalstimme von Clive Owen
Die menschliche Seite kommt einfach zu kurz
Das sagt Tom Vogt über die moderne Synchronisation. Früher wurden Synchronsprecher gemeinsam ins Atelier bestellt – man nahm Dialoge zusammen vor dem Mikrofon auf. Und die Stimmen wurden auf Tonbänder aufgezeichnet – wenn das Band gewechselt wurde, „musste der gesamte Betrieb unterbrochen werden“. Durch diese Pausen lernte man die Kollegen natürlich besser kennen, wie er uns im Interview verrät. Heutzutage geht es dank der Digitalisierung natürlich viel schneller, sozusagen asap. Aber die persönliche Note der 90er Jahre vermisst Tom Vogt schon ein wenig. Man trifft die Synchronkollegen nur noch gelegentlich auf dem Flur - beim Kommen oder Gehen.
„Menge-Masse“ war der Start für Tom Vogt in die Synchronbranche. Diese etwas negative Umschreibung bezeichnet die Rollenauswahl. Anfänger spielen erstmal kleine Nebenrollen z. B. den Streifenpolizisten, der der Passantin sagt „Madame, Sie können hier nicht parken“. Nachdem Tom Vogt in zwei Engagements in Freiburg und Zürich die Höhen und Tiefen des Theaterschauspiels lernte, entschied er sich ab 1990 für Synchron. Er zog nach Berlin, besorgte sich einen Nebenjob und stellte sich diversen Synchronfirmen vor. So begann also seine "Menge-Masse"-Zeit. Auch lernte er so die Grundlagen des Synchron, denn zu dieser Zeit (Anfang der 90er Jahre) gab es noch keine Schulen oder Ausbildungsstätten, in denen man die Besonderheiten des Synchron lernen konnte (in unserem Beitrag über den Beruf des Sprechers stellen wir einige dieser neuen Sprecherschulen näher vor). Tom Vogt lernte also, ein Synchronskript richtig zu lesen – die Grundlage für sein heute so erfolgreiches Spiel.
Tom Vogt ist übrigens auch die Station-Voice des Fernsehsenders Deutschen Welle und ist darüber hinaus auch viel als Sprecher von Dokumentationen zu hören. Zum einen für die ZDF-Reihe „Deutschland, deine Künstler“ oder für die Reportagesendung „ttt – titel, thesen, temperamente“. Aber auch Werbung kann er. Ob für Volvo, Warsteiner oder Nivea.
Und hier das ganze Interview mit Tom Vogt aus dem Jahre 2021:
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